Es ist kein Geheimnis, dass der Großteil der weltweiten See-Containerproduktion in China stattfindet. Aufgrund der Corona-Pandemie waren die vergangenen drei Jahre – insbesondere für den internationalen Handel – außerordentlich herausfordernd. Vor allem die Stadt Shanghai, welche auf internationaler Handelsebene einen bedeutenden Dreh- und Angelpunkt darstellt, ist regelmäßig in den Schlagzeilen. Zuletzt durch einen erneuten, landesweiten Lockdown im Frühjahr 2022, dessen Nachwirkungen noch immer deutlich spürbar sind.
Wie wir die aktuelle Situation in Shanghai bewerten und was sich aus unserer Sicht – mit Blick in die Zukunft prognostizieren lässt – lest ihr jetzt…
„Erneuter Lockdown in Shanghai!“ – diese Schlagzeile zierte im Frühjahr 2022 erneut die großen Handelsblätter. Der internationale Handel stand wochenlang still, nur wenig Warenverkehr bewegte sich zu dieser Zeit aus oder in die Millionenmetropole.
In den letzten Jahren gab es aufgrund der gestörten Lieferketten nicht ausreichend viele Container am Markt. Im direkten Verhältnis ließ sich ein enormes Ungleichgewicht zwischen den zur Verfügung stehenden Containern und der weltweiten Nachfrage nach Waren feststellen. Außerdem ließ sich erkennen, dass die Corona-Pandemie einen Einfluss auf das Konsumverhalten der Menschen hatte und die Nachfrage nach Waren noch einmal deutlich gestiegen ist. Bei vielen Unternehmen war eine deutliche Tendenz zur verstärkten Vorratshaltung erkennbar, um sich gegen Risiken der gestörten Lieferketten abzusichern. Die Kombination aus Nachfrage, den wenigen zur Verfügung stehenden Containern und der Tatsache, dass der Großteil der in Europa importierten Waren aus China kommt, hat dazu geführt, dass die Reedereien eine Re-Positionierung von Leercontainern vorgenommen haben. Das bedeutet, dass mehrere tausend Leercontainer aus aller Welt nach China/Shanghai gebracht wurden, um das Gleichgewicht wieder herzustellen und die Welt mit Waren bedienen zu können. Der Mangel an Containern führte zu einem sprunghaften Anstieg bei der Nachfrage nach Transportbehältern. Da die Containerproduktionen in China jedoch während der diversen Lockdowns stark beeinträchtigt war, kam es zu einer spürbaren Verknappung des Containerangebotes.
Der Mix aus der mittlerweile wieder störungsfreien Containerproduktion, zwischenzeitlich gesunkener Nachfrage nach Waren und der Re-Positionierung der Container, sorgt dafür, dass aktuell ein Containerüberhang in Shanghai besteht. Das bedeutet, dass gerade sehr viele Container gleichzeitig in Shanghai zur Verfügung stehen. Daraus resultiert, dass die Reedereien die vielen Container derzeit lediglich langsam bewegt bekommen. Es ist keine Überraschung, dass die Städte in China, insbesondere Shanghai, extrem blockiert sind und Containertransporte sehr viel Zeit in Anspruch nehmen. Dies führt wiederum zu immensen Schiffsverspätungen, da derzeit kein Schiff den Hafen Shanghais zum geplanten Abfahrtstermin verlassen kann. Natürlich wirken sich diese Schiffsverspätungen auch auf die weltweiten Schiffsankünfte aus.
Ein weiterer wichtiger Aspekt, der Einfluss auf die aktuelle Situation hat, ist der deutliche Trend der Transportverlagerung, der sich seit einigen Jahren erkennen lässt. Durch den Ausbau der Seidenstraße gibt es mittlerweile eine gute, gern genommene und schnelle Alternative zum Seeweg. Für die 40’High Cube Container, die in der Regel als Transportmittel auf der Bahn eingesetzt werden (auch 40’Standard, 40’High Cube Side Door oder 40’ High Cube Double Door Container stellen eine Alternative dar), haben die Bahnoperator in 2021 hohe Pick-Up-Raten bezahlt, damit die Händler ihr Equipment mit der Bahn und nicht mit dem Schiff arrangieren. Als dies im Markt erkannt wurde, haben sowohl die Containerhändler als auch die Bahnoperator ein Maximum an 40’ High Cube Container produzieren lassen, um so viel Profit wie möglich aus der Situation zu schlagen. Mittlerweile gibt es einen deutlichen Überhang an 40’ High Cube Containern, was schlussendlich dazu geführt hat, dass sowohl der Verkaufspreis der 40’ High Cube Container, als auch die Pick-Up-Raten rasant fallen. Auch die Kriegsgeschehnisse in der Ukraine und Russland tragen ihren Teil hierzu bei. Aus Versicherungsgründen meiden derzeit viele Verlader die Seidenstraße und nutzen stattdessen ausschließlich den Seeweg. Dieser Umstand führt zu einem geringeren Ladungsvolumen auf der neuen Seidenstraße. Eine Ratensenkung durch die Bahnoperator soll das Volumen auf der Seidenstraße wieder erhöhen.
Wenn die Bahnoperator ihre Raten senken, müssen die Reedereien mitziehen, um konkurrenzfähig zu bleiben. Durch den enormen Überhang an Containern in China/Shanghai und die weltweiten Kriegsgeschehnisse fallen die Transportraten seit einigen Monaten rasant. Beide Aspekte haben demnach Auswirkungen auf das gesamte Ratengefüge und die Verkaufspreise.
Mit Blick in die Zukunft, prognostizieren wir, dass uns der Stau in China noch eine Zeit begleiten wird. Dadurch, dass derzeit wenige Container Fern-Ost verlassen, bilden sich in Europa die ersten Anzeichen dafür ab, dass die Containerpreise wieder steigen werden, da nicht mehr genügend Container in Europa zur Verfügung stehen. Insbesondere die Spezialcontainer, wie 20’Side Door oder 20’High Cube Side Door Container, sind derzeit sehr gefragt.
Auch die Entwicklung der weltpolitischen Lage wird weiterhin einen starken Einfluss auf den internationalen Handel und somit auch auf die Containerbranche haben. Ihr Einfluss spiegelt sich in dem Konsumverhalten der Bevölkerung in den Industrieländern wider. Derzeit gehen die Exporte aus China spürbar zurück, was sowohl das Ladungsaufkommen als auch die Frachtraten reduziert. Ob der Russland-Ukraine-Konflikt unter Umständen sogar noch Jahre andauern wird, weiß leider niemand. Fakt ist, dass das Konsumverhalten der Bevölkerung - insbesondere durch das Abkühlen der Wirtschaftsleistung, in Verbindung mit dem Inflationsanstieg - stark getrübt ist. Es ist demnach zu erwarten, dass die Frachtraten tendenziell weiter nachgeben werden und es auch zukünftig ein Überangebot an Containern geben wird. Da die Reedereien jedoch im Moment die geringen Ladevolumen durch ihre eigenen Containerflotten bedienen können, ist davon auszugehen, dass wir im Neucontainer-Segment mit Engpässen rechnen müssen. Vor allem die Spezial-Containern bleiben weiterhin ein rares Gut.
Abschließend erwarten wir langfristig, dass die hohen Energiekosten einen Einfluss auf den weltweiten Handel haben werden. So könnten zum sich beispielsweise langfristig die Transitzeiten verlängern, wenn die Reedereien zum Beispiel durch das „Slow Steaming“ ihrer Flotte versuchen, den Treibstoffverbrauch so gering wie möglich zu halten.